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Neuer Erziehungstrend aus den USA: Sturdy Parenting

In den USA erobert ein neuer Erziehungstrend die Familien: Schafft es ‚Sturdy Parenting‘ auch zu uns nach Deutschland?

Mutter, Vater und Sohn haben die Hände übereinander gelegt.
© IMAGO / Westend61

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Wenn es um die Erziehung von Kindern geht, sind Experten nicht weit. Verschiedenste Erziehungsstile sollen aus dem Nachwuchs eine selbstbewusste und selbstständige Persönlichkeit machen. Ob Eltern mit liebevoller Strenge erziehen oder den Kindern in ihrer Entfaltung freie Hand lassen, ist individuell verschieden. Hierzulande wählen die Eltern zwischen den gängigen Erziehungsstilen, wie beispielsweise der autoritären, bedürfnisorientierten oder autokratischen Erziehungsform. In den USA gibt es seit einigen Jahren einen neuen Erziehungstrend: „Sturdy Parenting“ kann man übersetzen mit einer stabilen oder soliden Elternschaft. Erfahre, was sich genau dahinter verbirgt.

„Sturdy Parenting“: Eltern als stabile Wegweiser

Mutter, Vater und Sohn haben die Hände übereinander gelegt.
Beim „Sturdy Parenting“ fungieren Eltern als stabile Wegweiser für ihre Kinder. Foto: IMAGO / Westend61

Den Begriff „Sturdy Parenting“ hat die amerikanische klinische Psychologin, Podcast-Moderatorin, Autorin und dreifache Mutter Dr. Becky Kennedy geprägt. Während der Corona-Pandemie hat sie in den USA große Bekanntheit erlangt und gilt seitdem als „Elternflüsterin der Millennials“. Wir erinnern uns: Millennials werden die Personen genannt, die zwischen 1981 und 1996 geboren sind.

Was unterscheidet denn Millennial-Eltern von der älteren oder jüngeren Generation? Dr. Becky Kennedy ist sich sicher: „Millennial-Eltern sind sich der Dinge in ihrem Inneren bewusster, die sich nicht gut anfühlen, der Orte, die sich leer anfühlen und die sie stabiler machen wollen. Das sind Eltern, die sich der Aufgabe verschrieben haben, Kinder zu erziehen, die sich solide und selbstbewusst fühlen, während sie gleichzeitig versuchen, sich selbst zu heilen.“

Auf die Erziehung von Kindern übertragen, bedeutet dies, dass Eltern ihren Kindern als solide Wegweiser zur Seite stehen, auf die sie sich jederzeit verlassen können. Eltern gehen eine Verbindung mit ihren Kindern ein und setzen trotzdem klare Grenzen. Becky Kennedy beschreibt dies wie folgt: „Inmitten von Turbulenzen wollen die Passagiere nicht die Kontrolle über das Flugzeug übernehmen, oder? Nein: Sie wollen wissen, dass der Pilot alles unter Kontrolle hat.“

Keine Unterscheidung zwischen gut und schlecht

Wenn es um das Verhalten von Kindern geht, wird oft von gut oder schlecht gesprochen. Beim neuen Erziehungstrend „Sturdy Parenting“ ist dies anders. Hier werden Kinder, die sich in den Augen der Eltern daneben benehmen, trotzdem als gute Kinder bezeichnet, die vielleicht gerade eine schwierige Zeit haben. Das Erziehungsprinzip sieht vor, dass Eltern und Kinder im Kern gute Menschen sind, die sich jedoch aufgrund von stressigen Situationen oder anderen Herausforderungen gelegentlich nicht so verhalten, wie sie wollten und sollten.

Mutter tröstet trauriges kleines Mädchen
Eltern sollen die Gefühle von Kindern ernst nehmen. Foto: IMAGO / Westend61

Laut Kennedy werden Kinder mit allen Gefühlen geboren, aber nicht mit allen Fähigkeiten. Demzufolge können sie diese Bandbreite an Gefühlen noch nicht angemessen regulieren. Hier kommen die Eltern ins Spiel, deren Aufgabe es ist, diese Fähigkeit bei ihren Kindern zu entwickeln. Statt Gefühle klein- oder gar schlechtzureden, zu ignorieren oder zu bestrafen, sollten Eltern das Verhalten der Kinder mehr hinterfragen und eventuell unerfüllte Bedürfnisse erkennen.

Keine Belohnungen und Bestrafungen

In der Erziehung von Kindern werden immer wieder Belohnungen und Bestrafungen eingesetzt, um ein erwünschtes Verhalten zu fördern und ein unerwünschtes maßzuregeln. Gleichzusetzen ist dies mit einer klassischen Konditionierung. Beim „Sturdy Parenting“ ist für das Belohnungseis, den Stubenarrest oder Strichlisten kein Platz. Dies bedeutet jedoch nicht, dass es keine Regeln gibt. Eltern formulieren durchaus Grenzen, diese werden jedoch empathisch kommuniziert und nicht mit Bestrafungen oder Belohnungen durchgesetzt.

Als Beispiel nennt Kennedy: „Das könnte bedeuten, dass Sie ein schreiendes Kind in den Arm nehmen und aus dem Park tragen, während sie leise wiederholen: ‚Ich weiß, dass es schwer ist, den Park zu verlassen, aber ich habe dir gesagt, dass es fast Zeit ist, zu gehen, und jetzt gehen wir.“

So kannst du den Erziehungstrend „Sturdy Parenting“ im Alltag umsetzen

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Eltern sollten bestimmt, aber liebevoll Grenzen setzen und konseuqent sein. Foto: stock.adobe.com – peopleimages.com

Den Kindern ein stabiler Wegweiser ein, Grenzen konsequent, aber liebevoll setzen, und Kinder empathisch in ihrer Gefühlsregulierung unterstützen – Wenn du jetzt Gefallen an dem Konzept des „Sturdy Parenting“ gefunden hast, helfen dir die folgenden Tipps, wie du es auch in deinem Familienleben umsetzen kannst:

  1. Eltern sollten lernen, klare Grenzen zu setzen. Mit viel Einfühlungsvermögen und Verständnis begleiten sie die Gefühle ihrer Kinder und nehmen diese ernst.
  2. Eltern sollten für ihre Kinder stabile Wegweiser sein. Hierfür ist es notwendig, dass sich die Eltern auch um sich selbst kümmern.
  3. Eltern sollten sich hinterfragen, was in der eigenen Erziehung funktioniert hat und was nicht, und sich in Selbstreflexion üben.
  4. Um ihre Kinder zu schützen, ist es wichtiger denn je, dass Eltern lernen, „Nein“ zu sagen. Kinder sind noch zu jung, um die Tragweite ihrer Handlungen einzuschätzen, hier müssen die Eltern deutlich machen, was gut für die Kinder ist und was nicht.
  5. Wenn Kinder sich herausfordernd verhalten, sollten Eltern versuchen, an die Wurzel des Problems zu gelangen.
  6. Wenn Kinder sich verstanden und gesehen fühlen, vertrauen sie ihren Eltern uneingeschränkt. Von Eltern kommunizierte Grenzen und alternative Lösungen werden unter dieser Voraussetzung eher von den Kindern angenommen.

Für Eltern ist es gar nicht so leicht, sich zwischen den vielen verschiedenen Erziehungsstilen zu entscheiden. Umso schöner ist es, zu wissen, dass es nicht den einen „richtigen“ Stil gibt, sondern sich Eltern von jedem Erziehungskonzept die Bausteine zusammenstellen können, die ihnen gefallen.

Quelle: eltern.de
Vorschaubilder: ©IMAGO / Westend61