Narzissten sind Meister der Manipulation und setzen verschiedenste manipulative Taktiken ein, um Menschen zu kontrollieren und ihre Ziele zu erreichen. Inzwischen wird der Begriff „Narzisst“ aber inflationär genutzt und ist zu einer gängigen Beleidigung geworden. Doch wer ist ein echter Narzisst und wer vielleicht nur ein Egoist oder anstrengender Zeitgenosse? In diesem Artikel erfährst du, woran man Narzissten erkennt, wie sie manipulieren und wie du dich dagegen schützen kannst.
Merkmale der narzisstischen Persönlichkeitsstörung
Die schlechte Nachricht vorneweg: Ein bisschen Narzisst steckt in jedem von uns. Das ist aber nicht schlimm, denn einige Eigenschaften helfen uns dabei, gut durchs Leben zu kommen. Selbstbewusstsein, Begeisterungsfähigkeit, Durchsetzungsstärke und Geselligkeit, gepaart mit einem gewissen Charisma, ziehen andere Menschen magisch an. Doch Entwarnung: Nicht jeder, der selbstbewusst oder egoistisch handelt, ist per se ein Narzisst. Narzisstische Persönlichkeitsmerkmale, die jeder von uns in sich trägt, sind ganz klar von einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung zu unterscheiden.
Anzeichen einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung
Für eine aussagekräftige Diagnostik müssen fünf der neun folgenden Kriterien erfüllt sein:
- Grandioses Gefühl der eigenen Wichtigkeit.
- Idealisieren sich selbst und verlangen übermäßige Bewunderung.
- Haben Fantasien grenzenlosen Erfolgs, Macht oder Schönheit.
- Glauben von sich, einzigartig und besonders zu sein und nur von ebensolchen Menschen verstanden zu werden.
- Offensives Anspruchsdenken und erwarten, bevorzugt behandelt zu werden.
- Agieren in Beziehungen ausbeuterisch, um eigene Ziele zu erreichen.
- Mangel an Empathie, Gefühle und Bedürfnisse anderer werden nicht erkannt oder bewusst ignoriert.
- Sind neidisch oder glauben, andere seien neidisch auf sie.
- Benehmen sie sich überheblich und arrogant gegenüber anderen.
Wie unterscheidet sich weiblicher von männlichem Narzissmus?
Narzisstinnen legen großen Wert auf Anerkennung und Bewunderung in sozialen Kontexten und Beziehungen. Sie wollen als attraktiv, begehrenswert und erfolgreich wahrgenommen werden. Dieses Streben nach Perfektion kann Körperbildstörungen nach sich ziehen und in eine ständige Beschäftigung mit sich und dem eigenen Körper münden. In jedem Fall suchen Narzisstinnen häufig nach äußerlicher Anerkennung und machen ihren Selbstwert davon abhängig.
Besonders auf emotionaler Ebene findet Manipulation statt. Ob das Erwecken von Schuldgefühlen, übermäßiges Selbstmitleid oder dramatische Auftritte, Narzisstinnen reagieren häufig über, um Mitleid zu erwecken oder zumindest die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Dabei gehen sie oft subtiler vor als Männer und nutzen häufiger emotionale Intelligenz als dominantes Verhalten, um Sympathie und Unterstützung zu gewinnen.
Weiblicher und männlicher Narzissmus treten in einer großen Bandbreite auf und nicht alle Menschen mit narzisstischen Zügen zeigen alle Merkmale. Geschlechtsspezifische Unterschiede sind oft an soziale Erwartungen und Rollenbilder geknüpft, die von der Gesellschaft geprägt werden. Die Unterscheidung nach Geschlechtern kann dir aber helfen, Verhaltensmuster zu durchschauen und angemessen darauf zu reagieren.
Spezialfall mütterlicher Narzissmus
Narzisstischen Müttern fehlt die Fähigkeit, ihre eigenen Bedürfnisse zurückzustellen. Besonders Töchter werden als Konkurrenz erlebt und Erfolge der Kinder nur dann anerkannt, wenn sie das eigene Ansehen verbessern. Daran knüpft sich, dass die Kinder nur Liebe und Zuneigung erfahren, wenn sie den Vorstellungen der Mutter entsprechen. Alles dreht sich um die Mutter und das Aufrechterhalten der perfekten Fassade. Für das Umfeld ist der emotionale Missbrauch oft nicht zu erkennen.
Erfolgreich im Beruf, Probleme im Privatleben
Narzissten im Beruf
Beruflich sind Narzissten oft sehr erfolgreich und kompetent. Schwierig wird es in zwischenmenschlichen Beziehungen zu Kollegen und Vorgesetzten. Die eigene Großartigkeit wird ständig zur Schau gestellt. Wird diese durch Kritik infrage gestellt, fühlen sich Narzissten schnell als Opfer und von allen ungerecht behandelt.
Narzissten in Beziehungen
Forschende der Universität Graz fanden in einer Studie heraus, dass Narzissten bei ersten Dates um bis zu 10 % attraktiver erscheinen, als Menschen ohne narzisstische Persönlichkeitsstörung. Deshalb erscheinen sie uns häufig zu Beginn als die perfekten Partner. Im Verlauf einer Beziehung stellen sie ihre emotionalen Bedürfnisse geschickt in den Vordergrund und veranlassen ihre Partner dazu, sich um sie zu kümmern.
Dies führt nicht selten zu einem Ungleichgewicht in der Beziehung, bei dem der narzisstische Partner erwartet, dass seine Bedürfnisse über die des nicht-narzisstischen Partners gestellt werden. Emotionale Ausbeutung ist häufig die Folge dieser Manipulation.
Narzissten erkennen: 6 Tricks, mit denen sie dich manipulieren
1. Gaslighting: Die Realität verdrehen
Eine der bekanntesten Techniken, die Narzissten anwenden, ist das sogenannte Gaslighting. Hierbei wird die Wahrnehmung des Opfers so manipuliert, dass es an seiner Realität und seiner Vernunft zweifelt. Ein Narzisst könnte zum Beispiel die Wahrheit verdrehen, bestimmte Ereignisse abstreiten oder dir einreden, du seist „zu sensibel“ oder „übertreibst“. Ziel ist es, das Selbstbewusstsein des Opfers zu schwächen und seine Realität zu verzerren, sodass es sich zunehmend auf den Narzissten als „Realitätsquelle“ verlässt.
2. Love Bombing: Übertriebene Zuneigung als Köder
Besonders zu Beginn einer Beziehung überschütten Narzissten ihr Gegenüber oft mit intensiver Zuneigung, Komplimenten und Geschenken. Diese Technik nennt man Love Bombing. Durch die übertriebene Zuwendung fühlt sich das Opfer wertgeschätzt und einzigartig, wodurch es dem Narzissten vertraut und eine emotionale Bindung aufbaut. Sobald das Opfer sich jedoch an diese Zuneigung gewöhnt hat, zieht der Narzisst sie zurück, was beim Opfer Unsicherheit und Abhängigkeit erzeugt.
3. Projektionsmechanismus: Eigene Fehler auf andere übertragen
Narzissten projizieren oft ihre eigenen negativen Eigenschaften oder Fehler auf andere, um von sich selbst abzulenken. So beschuldigen sie ihr Gegenüber zu lügen, manipulativ oder egoistisch zu sein, obwohl dies oft die Eigenschaften des Narzissten selbst sind. Diese Taktik hilft dem Narzissten, Verantwortung abzuwehren und das Opfer emotional zu destabilisieren, da es sich ständig verteidigen muss.
4. Triangulation: Dritte gegen das Opfer verwenden
Narzissten nutzen oft die sogenannte Triangulation, bei der sie eine dritte Person in die Beziehung einbeziehen, um das Opfer eifersüchtig oder unsicher zu machen. Das kann ein anderer Freund, ein Familienmitglied oder sogar ein Ex-Partner sein. Ziel dieser Taktik ist es, das Opfer zu verunsichern und seine Stellung im Leben des Narzissten infrage zu stellen. Es führt oft zu einem Konkurrenzkampf, bei dem das Opfer immer mehr um die Zuneigung des Narzissten kämpft.
5. Silent Treatment: Schweigen als Bestrafung
Das Silent Treatment ist eine Form der emotionalen Bestrafung, bei der der Narzisst das Opfer ignoriert oder ihm die kalte Schulter zeigt. Dies erzeugt beim Opfer Schuldgefühle und Angst, da es die Ursache für das Verhalten des Narzissten bei sich selbst sucht. Indem der Narzisst das Opfer zum Grübeln bringt, kontrolliert er seine Emotionen und stellt sicher, dass das Opfer um seine Aufmerksamkeit und Vergebung bemüht ist.
6. Opferrolle einnehmen: Mitleid erregen
Narzissten spielen oft die Opferrolle, um Mitleid und Zuwendung von anderen zu erhalten. Sie schildern sich als unschuldig oder missverstanden und versuchen, dadurch die Empathie und Unterstützung anderer zu gewinnen. Dies lenkt von ihrem eigenen manipulativen Verhalten ab und bringt das Opfer dazu, die Schuld bei sich zu suchen oder dem Narzissten zu helfen.
Wie kann man sich vor Manipulation durch Narzissten schützen?
Das Wichtigste im Umgang mit Narzissten ist, ihre Taktiken zu erkennen und emotionale Distanz herzustellen oder zu wahren. Lerne, klare Grenzen zu setzen und dich nicht von Schuldgefühlen oder Unsicherheiten leiten zu lassen. Sprich offen über deine Wahrnehmungen und lass dich nicht in Machtspiele verwickeln. In schweren Fällen kann es sinnvoll sein, professionelle Unterstützung zu suchen, um mit den psychologischen Auswirkungen umzugehen.
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Quellen: Wicker, Quarks, Geo
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