Wie kann man Lügner entlarven? Als Erstes fällt einem natürlich der klassische Lügendetektor ein, wie man ihn aus zahlreichen Kriminalfilmen kennt. Beim Lügendetektortest wird davon ausgegangen, dass beim Lügen gewisse körperliche Reaktionen hervorgerufen werden, die sich zum Beispiel in Form einer veränderten Atmung, Pulsfrequenz oder Transpiration manifestieren und somit messen lassen.
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Andere glauben, dass man Lügner an ihrem Verhalten erkennen kann, beispielsweise an schnellen Augenbewegungen, an einer bestimmten Körpersprache, Gestik und Mimik oder an einem Sprachgebrauch und einer Stimme, die während des Lügens anders ist als normal.
Und in der Tat bestätigt die Forschung, dass es kognitiv schwieriger ist zu lügen, als die Wahrheit zu sagen, was zu ebensolchen abnormalen Reaktionen führt. Uns eine glaubwürdige und plausible Geschichte auszudenken, ist für uns geistig anstrengender als die simple Wiedergabe wahrer Fakten. Aber die bisher aufgezählten Methoden, einen Lügner zu erkennen – Lügendetektor, Beobachtung des Verhaltens –, setzen voraus, dass man den Lügner persönlich vor sich hat, während er lügt. Doch Kommunikation findet schon lange nicht mehr ausschließlich persönlich statt. Werden wir per SMS oder WhatsApp belogen, könnte man das anhand der bisher gängigen Indikatoren nicht ermitteln.
Das wollen dänische Wissenschaftler von der Universität Kopenhagen ändern. Sie haben eine App namens Veritaps entwickelt, mit der man einen Lügner anhand seines Tippverhaltens erkennen soll. Drei markante Verhaltensweisen fielen den Experten besonders auf. „Es geht darum, wie schnell Leute antworten, wie fest sie auf das Handy drücken und wie sie ihre Hände positionieren“, erklärt der Computerwissenschaftler Aske Mottelson. Die drei von Mottelson genannten Merkmale sind nur wenige Beispiele von vielen und mit den eingangs erklärten Indizien vergleichbar: Erzählt man eine Lüge, denkt man länger nach oder benutzt mehr Füllwörter wie „äh“. Dass zu lügen kognitiv anstrengender ist, würde sich demnach nicht nur im Erzählen, sondern auch im Schreiben von SMS und WhatsApp-Nachrichten widerspiegeln.
Um zu ermitteln, wie sich unehrliche Kommunikation auf einem Mobiltelefon von ehrlicher unterscheidet, führten Mottelson und seine Kollegen drei Studien durch. In diesen verknüpften sie ihren Algorithmus, den sie für Veritaps entwickelt hatten, mit Spielen, die im Android-Store frei erhältlich waren. In diesen Spielen wurden die Probanden unter anderem direkt dazu aufgefordert, die Wahrheit bzw. Unwahrheit einzutippen – zum Beispiel über die Farbe, die auf dem Bildschirm zu sehen war. In einem anderen Fall wurde um fiktive Geldbeträge gespielt, wobei sich unehrliches Verhalten durchaus auszahlen konnte.
Da sich die Bedienung unserer Smartphones dank verschiedener sensibler Sensoren recht präzise ablesen lässt, konnten die dänischen Forscher die bereits erwähnten Verhaltensmuster beim Lügen bestätigen: Nutzer, die bei der Wahrheit blieben, machten ihre Eingaben zum Beispiel näher an der Mitte des Displays und mit mehr Druck. Unehrliche Spieler führten hingegen mehr Finger- und Handbewegungen durch, hielten das Handy weiter von sich weg oder tippten mit weniger Druck. Der ausschlaggebende Indikator blieb aber der zeitliche Abstand zwischen dem Tippen.
Die App der Wissenschaftler um Aske Mottelson registriert derartiges Nutzerverhalten. Legt mein Gegenüber ein solches Verhalten an den Tag, während er mir eine Nachricht schreibt, blendet Veritaps eine Meldung ein, dass die Nachricht auffällig verfasst wurde. Aber die dänischen Entwickler wissen selbst, dass ihre App unter denselben Schwächen leidet wie der klassische Lügendetektor: Die verdächtigen Verhaltensweisen werden nicht nur von Lügnern beim Lügen an den Tag gelegt. Es kann auch andere Gründe haben oder ein allgemeiner Wesenszug sein, wenn jemand beim Schreiben zögert oder weniger stark auf den Bildschirm drückt.
Aber im Vergleich zu bereits erhältlichen Lügendetektor-Apps, die nichts weiter als bloße Gimmicks sind, versuchen Mottelson und seine Kollegen ein wissenschaftlich fundiertes Programm dieser Art zu entwickeln. Sollten sie erfolgreich sein, könnte ihr Algorithmus zum Beispiel bei der elektronischen Steuererklärung, bei Versicherungsansprüchen, die digital übermittelt werden, oder bei Kundenrezensionen zum Einsatz kommen. „Zum Beispiel ließe sich Veritaps verwenden, um die Wahrscheinlichkeit zu bewerten, dass die Beschreibung des Zustands eines im Internet zum Verkauf stehenden Autos genau ist, oder um betrügerische Steuerberichte und Versicherungsforderungen entsprechend zu kennzeichnen.“ Noch mehr wissenswerte Ideen und Erfindungen findest du in diesen Artikeln:
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Quelle: Deutschlandfunk, Pressetext
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