Seitdem im Jahr 1953 mit „Clemens Wilmenrod bittet zu Tisch“ die erste Kochshow des deutschen Fernsehens auf Sendung ging, ist dieses Format aus unserer TV-Landschaft nicht mehr wegzudenken. Unzählige Sendungen wurden und werden seitdem aufgetischt, Fernsehköche gehören zu den größten Stars und locken ein Millionenpublikum an.
Diese große Aufmerksamkeit ruft natürlich auch Kritiker auf den Plan. Wurden bei dem in der Küche eher unerfahrenen Schauspieler Wilmenrod noch mangelnde Kochkünste beanstandet, kommt die Kritik heutzutage aus offizieller Richtung: Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat mit Kochshows ein Hühnchen zu rupfen.
Da diese Behörde sich zu großen Teilen mit Fragen der Lebensmittelsicherheit beschäftigt, ist sie natürlich dazu verpflichtet, ganz besonders kritisch zu sein. In diesem Sinne stellt eine vom BfR erstellte Broschüre die Frage: „Beeinflussen TV-Kochsendungen unser Hygieneverhalten?“ Dazu wurde eine Studie durchgeführt, die durchaus deutliche Mängel aufdeckt.
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Bei einer stichprobenartigen Sichtung von 100 verschiedenen Kochsendungen zeigte sich, dass darin im Durchschnitt alle 50 Sekunden ein Hygienefehler gemacht wird! In amerikanischen Kochshows gibt sogar es mehr falsch demonstrierte Hygienepraktiken als korrekt durchgeführte. Die vier häufigsten Fehler sind dabei:
– das Abwischen dreckiger Hände am Geschirrtuch
– das Würzen und Salzen mit den Fingern
– die nur schlampig oder gar nicht erfolgte Zwischenreinigung von Schneidebrettern
– das nicht erfolgte Händewaschen nach Niesen, Husten, Naseputzen etc.
In einem zweiten Teil der Untersuchung wurde 65 Teilnehmern entweder ein Video gezeigt, in dem unter schlechten hygienischen Bedingungen gekocht wurde, oder eines, in dem alles einwandfrei dargestellt wurde. Die Teilnehmer sollten anschließend die gezeigten Rezepte nachkochen. Dabei wurde festgestellt, dass die Probanden häufig die Fehler der Hygiene aus dem „schlechten“ Video übernahmen – im Gegensatz zu denen, die das „gute“ Video zu sehen bekommen hatten.
Ein Einfluss auf das Verhalten der „Nachkocher“ ist den Kochsendungen also nicht abzusprechen – schließlich agieren dort Profiköche. Der Zuschauer geht davon aus, dass deren Arbeitsschritte vertrauenswürdig sind und 1:1 nachgemacht werden können. Dabei wird gern vergessen, dass die Macher der Sendungen oft unter Zeitdruck stehen und sich vor allem der Unterhaltung verpflichtet fühlen. Bei einzelnen Prozessen wird gern ein Auge zugedrückt.
Nur 17 % der Menschen sind durch die Küchenhygiene im eigenen Zuhause beunruhigt – im Gegensatz zu 42 %, die Bedenken gegenüber der Hygiene in der Gastronomie haben. Vielleicht gehen viele Menschen zuhause zu sorglos mit Hygiene um? Immerhin kommt es jedes Jahr zu mehr als 100.000 erfassten Erkrankungen durch Lebensmittelinfektionen in Deutschland! Um das Risiko zu minimieren, serviert das BfR ein paar einfache Tipps, die jeder in der Küche beherzigen sollte:
- Vor dem Kochen sind stets die Hände zu waschen.
- Verschiedene Lebensmittel sollten auf separaten Unterlagen verarbeitet werden. Arbeitsgeräte und -flächen sind gründlich zwischenzureinigen. Die Hände natürlich auch.
- Lebensmittel sollten stets gut durchgegart sein, um Keime und Bakterien abzutöten.
- Roh verzehrte Lebensmittel sollten stets gründlich gewaschen werden.
- Handtücher, Lappen und Schwämme sind regelmäßig zu waschen oder zu ersetzen.
Wenn man diese Regeln beherzigt und sich weniger auf das verlässt, was die Kollegen Mälzer, Lafer und dergleichen so treiben, wird einem kaum eine Bakterieninfektion den Appetit verderben. Schön wäre es, wenn die Koch-Prominenz auf dem Bildschirm in Zukunft nur mit ihren leckeren Rezepten und nicht mehr mit fragwürdigem Hygieneverhalten Schule machen würde.