Die Natur bringt immer wieder Phänomene hervor, über die wir staunen. So ist es auch mit der sogenannten Brachydaktylie, auch Kurzfingrigkeit genannt. Wie diese Fehlbildung entsteht und welche gesundheitlichen Folgen bei Betroffenen auftreten können, erklären wir in diesem Artikel.
Was ist eine Brachydaktylie?
Der Begriff Brachydaktylie setzt sich aus den altgriechischen Wörtern „brachýs“ für „kurz“ und „dáktylos“ für „Finger“ zusammen. Der Name beschreibt auch schon die Symptomatik dieser genetischen Fehlbildung. Dabei ist mindestens ein Finger einer Hand oder ein Zeh eines Fußes kürzer als derjenige auf der anderen Seite.
Es werden verschiedene Arten der Brachydaktylie beschrieben und – je nach Häufigkeit in der Bevölkerung und Krankheitsbild – in unterschiedliche Typen eingeteilt. Typ A3 und Typ D sind die verbreitetsten Formen der Kurzfingrigkeit. Dabei ist entweder der kleine Finger (Typ A3) oder das letzte Glied des Daumens (Typ D) betroffen – an den Füßen entsprechend der kleine oder große Zeh. Oftmals tritt das Phänomen an beiden Händen oder Füßen auf. In seltenen Fällen fehlen einzelne Glieder gänzlich.
Wer ist betroffen?
Die Brachydaktylie ist eine erbliche Fehlbildung, kann also innerhalb der Familie weitergegeben werden. Forscher vermuten, dass ein verändertes Allel, das so dominant ist, dass es nicht vom anderen Elternteil ausgeglichen werden kann, für die Fehlbildung verantwortlich ist. Männer sind seltener betroffen als Frauen, sodass die erbliche Rate je nach Population zwischen 3,4 % und 21 % liegt. Beispielsweise hat man in einer Studie bei 21 % der japanischen Schulkinder Brachydaktylie des Typs A3 festgestellt.
Welche Beschwerden treten auf?
In den meisten Fällen tritt die Fehlbildung als Einzelphänomen auf. Nicht selten leidet das Selbstwertgefühl unter der Brachydaktylie, weil das Aussehen von der „Norm“ abweicht. Es gibt jedoch Menschen, die als Symptom einer anderen Erkrankung unter Brachydaktylie leiden. So kann eine Kurzfingrigkeit beispielsweise auch in Kombination mit Tuberöser Sklerose oder dem Marfan-Syndrom auftreten. Betroffene leiden dann unter psychischen und physischen Beschwerden gleichermaßen. Je nach Grad der Einschränkung können sie ihren Alltag ggf. nicht allein meistern.
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
Es gibt keine Möglichkeit, die Fehlbildung als solche zu behandeln. Selbst wenn man im Mutterleib bereits die Fehlstellung diagnostizieren würde, wäre der rechtliche Rahmen aus ethischen Gründen nicht gegeben, die Gene des Embryos zu verändern. Es besteht jedoch die Möglichkeit, sich einem plastischen Eingriff zu unterziehen, um die Finger oder Zehen kosmetisch anzupassen. Auch eine Physiotherapie oder eine Ergotherapie kann helfen, die Beweglichkeit der Finger zu trainieren. Bei Minderwertigkeitsgefühlen kann eine therapeutische Behandlung in Erwägung gezogen werden.
Brachydaktylie ist zwar nicht gesundheitsschädlich, kann jedoch bei den Betroffenen einen Leidensdruck auslösen. Aber machen nicht gerade unsere „Fehler“ uns erst richtig interessant? Kennst du jemanden, der von Kurzfingrigkeit betroffen ist?
Quellen: wunderweib, wikipedia
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