Hinter schwedischen Gardinen hat man vor allem eines: sehr viel Zeit. Da kommen die Häftlinge schon einmal auf Gedanken. Die sind manchmal ganz schön ausgebufft, manchmal leichtsinnig und hin und wieder schlicht lebensgefährlich.
Nur in seltenen Fällen werden die Gefängniserfindungen tatsächlich entdeckt. Dann wandern die DIY-Fundstücke in die Asservatenkammer der Vollzugsanstalt, wo die Gefängnisleitung sie als Lernobjekte aufbewahrt. Erfindergeist der Gefangenen und angepasste Anstaltsregeln stehen so in ständigem Wettbewerb zueinander. Freilich verwundert es nicht, dass Fotos von den Upcycling-Lifehacks der Insassen nur ungern zugelassen werden: Die Gefahr von Nachahmern ist zu groß.
Die folgende Auswahl an Gefängnisfundstücken will daher auch keine Anregung sein, sondern lediglich einen Eindruck vermitteln, welche Ideen der Alltag hinter Schloss und Riegel zutage bringt.
1. Gefängniswein
Im Gefängnis herrscht striktes Alkoholverbot. Das ohnehin hohe Aggressionspotential der Häftlinge würde sonst unverhältnismäßig steigen. Dennoch ist Alkohol beinahe allgegenwärtig. Aufseher berichten, dass Insassen schon Alkohol aus Deorollern herausgefiltert hätten – seither sind solche Deos verboten. Weit üblicher ist hingegen der sogenannte „Aufgesetzte“, ein Gesöff, das aus gegorenem Dosenobst gewonnen wird. Als Hefeersatz dient Brot. Kenner berichten, das Zeug schmecke wie „Wein mit Kotzgeschmack“ – für ein kleines bisschen Rausch in der Zuchthaus-Monotonie offenbar gut genug.
2. Dosenherd
In der Regel besitzen Hafträume einen Wasserkocher, damit sich der Sträfling jederzeit einen Tee oder Krümelkaffee aufsetzen kann. War das Anstaltsessen jedoch mal wieder etwas dürftig oder kommt der abendliche Heißhunger, dann ist der Dosenherd dran. Ein mit Öl getränkter Karton wird in eine Konservenbüchse gesteckt und angezündet. Der Blechteller vom Mittagstisch dient dann als Kochtopf. Ihr Essen besorgen sich die Häftlinge über Bestellkarten oder im JVA-Supermarkt.
3. Feuerzeug
Rauchen gehört essenziell zum Gefängnisalltag dazu. Daher sind auch Feuerzeuge erlaubt – in manchen Anstalten jedoch nur eines pro Einkauf (also einmal im Monat). Feuerzeuge sind daher oft Mangelware. Mit einem Stück Kaugummipapier, das an den Plus- und Minuspol einer Batterie gehalten wird, hilft man sich aus. Übrigens: Auch bei Nichtrauchern ist Tabak begehrt. Im Gefängnis dient er als Zahlungsmittel.
4. Toaster
Der Fotograf Marc Steinmetz hat vor einigen Jahren einen Blick in die Asservatenkammern deutscher Gefängnisse geworfen. Zu den wenigen Dingen, die er ablichten durfte, zählt dieser selbst gebaute Toaster.
5. Tätowiermaschine
Solch abenteuerliche Tätowiermaschinen sind in Gefängnissen weit verbreitet. Es geht freilich aber auch primitiver. Als Tinte wird alles Mögliche verwendet, wie etwa Ruß von verbrannten Plastikrasierern, der mit Shampoo vermischt wird. Die Nadeln bestehen aus heiß gemachten Büroklammern. Tätowieren ist im Gefängnis streng untersagt – wie sinnvoll so ein Verbot ist, ist angesichts der hygienischen Bedingungen der heimlichen „Selbstverschönerungen“ allerdings umstritten.
6. Tauchsieder
Dieses Gerät wurde in einer Gefängniszelle in Hamburg entdeckt. Dabei handelt es sich um einen Heizstab, der benutzt wurde, um aus Saft Branntwein zu destillieren. In manchen Haftanstalten sind vergleichbare Tauchsieder auch als Ersatz für Wasserkocher im Einsatz. Ist dieser defekt, kann es nämlich durchaus einige Wochen dauern, bis ein neuer kommt. Die Tauchsieder kommen mitunter allerdings auch als Folterinstrument zum Einsatz.
7. Haschischpfeife
Viele Justizbeamte klagen, dass man nirgendwo so leicht an Drogen komme wie im Knast. Das ist sicher übertrieben. Doch Rauschgiftkonsum ist ein großes Problem im Gefängnis. Wie Marc Steinmetz dokumentiert, wird das Haschisch gern auch mithilfe einer behelfsmäßigen Pfeife konsumiert.
8. Gewehr
Dieses Gewehr aus Bettpfosten hat Steinmetz ebenfalls festgehalten. Als Ladung dienten Bleiband aus Gardinen sowie Streichholzköpfe, die mit einer Batterie und einer kaputten Glühbirne gezündet wurden. Im Jahr 1984 nahmen damit zwei Sträflinge einen Wärter als Geisel und brachen aus.
9. Kruzifix
Während in Bayern wieder mehr Kruzifixe in Behörden hängen sollen, waren sie in den 1990er Jahren vor allem in Wolfenbüttel beliebt. Das machte die Wärter irgendwann misstrauisch. Zu Recht: Sie fanden heraus, dass die Kreuze als versteckte Stichwaffen benutzt wurden.
10. Rasierklingenpeitsche
1996 wollte ein drogensüchtiger Häftling mit dieser Waffe möglichst viele Mitinsassen und sich selbst verletzen. Auf diese Weise hoffte er, auf der Krankenstation an Methadon zu kommen.
11. Strickleiter
Diese Strickleiter tarnte ein fleißiger Gefangener als rustikales Schachspiel. Es wurde konfisziert.
12. Kletterhaken
Ausgefuchster ist da schon dieser Kletterhaken, der als selbst geschmiedeter Kerzenständer getarnt wurde. Die Werkstätten der Gefängnisse lassen einigen Freiraum, sich kreativ zu entfalten. So hatten sich das die Justizvollzugsbeamten aber wohl nicht vorgestellt.
13. Funksender
Dass in Gefängnissen nicht nur das kriminelle, sondern auch das technische Know-how gebündelt wird, macht diese Erfindung deutlich: Aus einem Radio hat hier ein Insasse einen Funksender hergestellt. Solche Funksender werden teilweise als Wanzen in Wachräume geschleust, um auf bevorstehende Zellendurchsuchungen vorbereitet zu sein. Außerdem können sich die Gefangenen damit untereinander austauschen. Ein zweites Radio wird als Empfänger benutzt. Heute sind eher eingeschmuggelte Handys üblich.
14. Motorräder
Es ist schier unfassbar, aber diese Motorräder hat ein Häftling aus Dosen und Verpackungsmüll erschaffen. Langeweile muss nicht zwangsläufig zu Dummheiten führen. Mit etwas Talent kann man die Zeit hinter Gittern auch produktiv nutzen.
15. Sexpuppe
Jeder Mensch hat Triebe. Was aber, wenn diese nicht ausgelebt werden können? In Bayern sind sogenannte „Langzeit-Besuchsräume“ verboten. Aber auch in den anderen Bundesländern dürfen diese nur von Straftätern in Anspruch genommen werden, die nicht wegen Gewalt- oder Drogendelikten inhaftiert sind. Prostituierte sind nicht erlaubt. Dieser „Sex-Entzug“ führt nicht selten zu Gewaltausbrüchen – oder aber zu ausgefallenen Ideen: Hier wurde aus einer Decke und Plastikfolie eine Sexpuppe kreiert.
Ob man mit verurteilten Straftätern Mitleid haben muss, sei dahingestellt. Manch einer saß ein, weil er sich weigerte, die Rundfunkgebühren zu zahlen, der andere, weil er anderen Menschen unsägliches Leid zugefügt hat. Welch ungewöhnliche und gewagte Einfälle die Zeit hinter Gittern aber hervorbringen kann, haben diese Beispiele hinlänglich gezeigt.
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Quellen: prisonphotography, ebaumsworld, marcsteinmetz
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