Kurt Hielscher (1881-1948) war ein deutscher Fotograf und Lehrer, der in den 1910er, 1920er und 1930er Jahren große Teile Europas bereiste und dies in seinen Büchern mit Landschafts- und Architekturfotos dokumentierte.
Im Jahr 2002 findet der niederländische Fotograf Casper Molenaar in einem Amsterdamer Antiquariat einen Bildband Hielschers. Das Buch stammt aus den 1920er Jahren und ist voll mit Fotografien aus dem ehemaligen Jugoslawien. Molenaar, der sich sofort in das Buch verliebt, beschließt, ein Projekt zu starten, bei dem er versuchen will, Hielschers Fotos im 21. Jahrhundert nachzustellen.
Ungefähr 100 Jahre nach Hielschers Reisen hat es sich der niederländische Fotograf zur Aufgabe gemacht, alle Bücher des deutschen Fotografen zu rekonstruieren und anhand derer zu zeigen, wie sehr sich die Dinge mit der Zeit verändern können und trotzdem gleich bleiben. Mit der Überschrift „In the footsteps of Kurt Hielscher“ (auf Deutsch: In den Fußstapfen von Kurt Hielscher) veröffentlicht er seine Früher-vs.-heute-Fotografien auf Facebook und teilt zudem seine Erfahrungen und Eindrücke, die er bei den Reisen gemacht hat.
Hier sind 13 ausgewählte Fotografien Hielschers, die von Molenaar nachgestellt wurden:
1. Novo Selo, Mazedonien, in den Jahren 1926 und 2018
Diese Fotoaufnahme Hielschers befindet sich in seinem Fotoband Jugoslavien und ist einer der Gründe, weshalb Molenaar sich in die Arbeit des deutschen Fotografen verliebt hat.
2. Venedig, Italien, in den Jahren 1925 und 2018
Als Molenaar dieses Foto aufnimmt, weiß er nicht, dass er sich auf den Spuren von Kurt Hielscher befindet, da er dessen Italien-Fotobuch von 1925 erst danach in ebendiesem Land kauft. Es handelt sich hierbei um eine Aufnahme der 1600-1630 errichteten Ponte Dei Sospiri, deren Name sich auf die Seufzer der Sträflinge bezieht, die diese Brücke auf ihrem Weg ins Gefängnis überqueren mussten. Galileo Galilei muss einer von ihnen gewesen sein.
3. Bled, Slowenien, in den Jahren 1926 und 2018
Sowohl Hielscher als auch Molenaar nehmen ihre Fotos von der aus dem 11. Jahrhundert stammenden Bleder Burg auf.
4. Quedlinburg, Deutschland, in den Jahren 1924 und 2020
„In diesem winzigen Haus am Finkenherd ist heute die Touristen-Information untergebracht. Laut mündlicher Überlieferung soll die Umgebung des Hauses der Ort sein, an dem der Sachsenherzog Heinrich beim Fangen von Finken erfuhr, dass er zum deutschen König gewählt worden war, daher der Name ‚Finkenherd’“, schreibt Molenaar.
5. Sevilla, Spanien, in den Jahren 1914-1919 und 2019
Hielschers erste große Auslandsreise führt ihn 1914 nach Spanien. Als während seines dortigen Aufenthalts in Europa der Erste Weltkrieg ausbricht, ist Hielscher gezwungen, seinen Aufenthalt zu verlängern. In den vier Jahren, die er dort verbringt, durchreist er das Land und dokumentiert es mit seiner Kamera. Die in dieser Zeit entstandenen Fotos veröffentlicht er in seinem ersten Buch mit dem Titel Das unbekannte Spanien.
6. Goslar, Deutschland, in den Jahren 1924 und 2020
Durch den Erfolg seines ersten Bandes motiviert, will Hielscher ein ähnliches Buch über Deutschland anfertigen und zieht in den Jahren 1922 und 1923 mit seiner Kamera durch sein Vaterland. Der so entstandene Fotoband erscheint 1924 und enthält über 300 Schwarz-Weiß-Fotos.
7. Krumau, Tschechien, in den Jahren 1941 und 2019
Diese Fotografien der beiden Künstler sind ein Beweis dafür, dass manche Dinge sich auch mit der Zeit nicht ändern. Hoffen wir, dass dieser tolle Anblick auf den Schlossturm im tschechischen Krumau auch für weitere 100 Jahre erhalten bleibt.
8. Alesund, Norwegen, in den Jahren 1931 und 2017
Hielschers Bekanntheit wächst im Laufe der 1920er Jahre, woraufhin er öffentliche Aufträge für Foto-Dokumentationen in weiteren Ländern erhält. Unter diesen befindet sich auch Norwegen, wohin der Fotograf 1931 reist. Fast 80 Jahre später bekommt Molenaar die Rekonstruktion dieser Aufnahme von einem Freund zugeschickt.
9. Sarajevo, Bosnien und Herzegovina, in den Jahren 1926 und 2006
In den 80 Jahren, die zwischen diesen beiden Aufnahmen liegen, scheint nicht viel passiert zu sein. Umso unglaublicher ist es, dass nur zehn Jahre vor der Fotografie Molenaars die Belagerung der Stadt Sarajevo im Bosnienkrieg ein Ende fand.
10. Prag, Tschechien, in den Jahren 1941 und 2020
Die Valdštejnská ist eine leicht zu übersehende Straße, wenn man von der Prager Burg hinunter in Richtung Karlsbrücke spaziert. Auch hier scheint die Zeit stehengeblieben zu sein, denn zwischen den zwei Fotografien ist kaum ein Unterschied zu erkennen.
11. Pasaia, Spanien, in den Jahren 1914-1919 und 2019
Wo in der Kleinstadt Pasai im nordöstlichen Spanien vor circa 100 Jahren noch Stierkämpfe stattfanden, spazieren die heutigen Bewohner des baskischen Ortes über den Platz.
12. Rom, Italien, in den Jahren 1925 und 2016
Der Saturntempel auf dem Forum Romanum in Rom: In den 91 Jahren, die zwischen den Aufnahmen von Hielscher und Molenaar liegen, hat sich wie in den über zweitausend Jahren zuvor nicht viel verändert.
13. Wien, Österreich, in den Jahren 1928 und 2019
Im Jahr 1928 veröffentlicht Hielscher die Aufnahmen seiner Reise durch Österreich in dem gleichnamigen Fotoband. 2019 besucht Molenaar die Karlskirche in Wien und fotografiert sie, wie Hielscher es zuvor getan hat. Allerdings ist es in diesem Fall nicht Caspar Molenaar, der die Aufnahme macht, sondern seine Mutter, Marianne Molenaar-Stenmans.
In den Wirren des Zweiten Weltkrieges gehen Hielschers Arbeiten größtenteils verloren. Er stirbt 1948 im Alter von 67 Jahren, zu diesem Zeitpunkt ist seine Bekanntheit deutlich geschrumpft. Umso erfreulicher, dass Molenaar ihm einen Teil seines verdienten Ruhmes durch seine Arbeit zurückgibt.
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Quellen: brightside, boredpanda
Vorschaubilder: ©Facebook/inthefootstepsofKurtHielscher